Wir haben begonnen.
Heute.
Es kann keinen passenderen Ort für den Start dieses Projekts geben, als die Mülldeponie Leppe. Das zentrale Entsorgungszentrum des Bergischen Lands ist nichts anderes, als ein Müllberg. Aber ein besonderer Müllberg. Er wird seit vier Jahren nur noch mit „verarbeitetem Müll“ vergrößert, also vor allem mit der Asche aus der Müllverbrennung. Alles andere wird, so gut es geht, recycelt. Und der Müllberg ist ein kleiner Freizeitpark geworden. Er hat eine phantastische Aussicht – nach einem anspruchsvollen Aufstieg. Er besitzt zwei Rutschen, einen BMX-Parcours, eine Panorama-Hollywood-Schaukel und sogar eine kleine Cross-Golf-Runde, die zur Zeit aber offensichtlich renoviert wird.
Es gibt ein kleines Bistro mit sehr verweilfreundlichen Preisen. Und hier sitzen wir nun, umgeben von jeder Menge Informationen, rund um das Thema Müll und dessen Wiederverwertung.
Wir, das sind Nadine und Frank. Sie ist ehemalige Buchhändlerin, macht Trageberatung für Mütter von Kleinkindern und ärgert sich über jede zusätzliche Umverpackung. Er ist Schwabe, was ihn schon vor der Geburt zum Sparsamen machte – qua lokaler DNA. Hier wird gespart, was das Zeug hält, und Energiesparen ist eine Win-Win-Win-Situation, für die Umwelt, für das Gewissen und für das Portemonnaie.
Die beiden kleinen Kinder gehen natürlich auf die Waldorfschule. Bevor im Meer gebadet wird, sammelt man erstmal Plastikmüll ein und die Kellner im All-inclusive-Hotel sind ziemlich genervt, weil alle ihre Plastikbecher immer wieder neu befüllt haben wollen, statt neue zu nehmen. Das stört den Arbeitsablauf und den Grund dafür versteht sowieso keiner.
Alles klar? Nicht ganz. Sie ist im digitalen Marketing bei einem Konzern tätig. Sie liebt Technik, will alles ganz genau wissen und kann sich wunderbar über esoterische Eltern amüsieren – und davon gibt ein paar, an der Waldorfschule.
Und Er? Er ist Technik-Journalist seit 25 Jahren. Er ist total stolz darauf, sich noch vor seinen beiden Teenager-Söhnen eine eigene VR-Brille geleistet zu haben. Und neulich hat er sich ein verdammt schnelles Elektro-Longboard zugelegt. OK, vielleicht steckt ein wenig Mittellebenskrise darin, aber was soll´s.
Und nun sitzen sie da, die beiden. Und stellen sich andauernd Fragen.
Wie können wir Verpackungsmüll reduzieren?
Bestehen Gurkenglasdeckel aus Aluminium?
Und macht Aluminium Demenz?
Lassen sich Tetrapacks besser recyceln als Glasflaschen – oder schlechter?
Ist der Apfel aus dem Alten Land tatsächlich ökologisch besser als der aus Peru, wenn man ihn im Winter isst und er dafür gelagert wird?
Es gibt Hunderte solcher Fragen. Jeden Tag. Und das Einzige, was uns dabei umtreibt ist, dass wir aufgeklärte Konsumentscheidungen treffen wollen. Nicht absolutistische, nur aufgeklärte. Wir essen selbst gerne Fleisch – wenn auch nur wenig. Wir fahren viel Auto – vor allem beruflich. Wir trinken abends ein Glas Sambucca – ohne jedes schlechte Gewissen. Und wir lieben Innovation und Technik – wir wollen nicht zurück ins Mittelalter sondern nach vorne.
Und deshalb suchen wir Stück für Stück nach Antworten, die unserem ganz persönlichen Leben helfen sollen, etwas nachhaltiger zu werden. Damit für unsere Kinder mehr übrig bleibt. Und weil es einfach richtig ist.
Für uns und vermutlich für alle, die manchmal hier vorbei schauen.
Wir freuen uns. Und jetzt geht es los.
Nadine & Frank